projekt friedrichsruh

Wenn ein Reisender im südwestlichen Kreis Herzogtum Lauenburg auf dem Weg von Aumühle nach Dassendorf falsch abbiegt, kommt er in ein einsames und seltsames Gebiet. Das Gelände fällt ab, es tun sich Schluchten und Hohlwege auf, deren Wände sich gegen die kurvenreiche und holprige Kopfsteinpiste drängen. Die Bäume auf dem Plateau oberhalb des Hohlwegs erscheinen zu groß und das dichte Unterholz erreicht eine Fülle und Üppigkeit, wie man sie sonst selten in bewohnten Landstrichen findet. Verstärkt wird das Unbehagen durch versteckt auf den grotesk bewaldeten Höhen bedrohlich sich abzeichnende Silhouetten prähistorischer Hügelgräber, aus deren unerforschter Tiefe ein Geflecht von Wurzeln dringt, denen man nicht zu nahe kommen möchte. Unterhalb der Grabhügel findet man verborgen in dämmrigen Vertiefungen des Geländes die grausamen Altäre fremder Götter in Tier- und Dämonengestalt.

Unerwartet aber öffnet sich der Wald zu seltsam symmetrischen Lichtungen, die Ausblicke in hier nicht vermutete Fernen bieten. Diese Plätze sind voll von einem fremdartigen Zauber, einem Etwas, das vielleicht die Gräber verbergen, heruntergerufen von nicht geahnten Planeten fremder Sterne oder heraufbeschwört aus den dunklen Abgründen der Erde.

In der dunstigen Ferne ahnt man das feuchte Tal eines Flusses, gegen welches sich unwillkürlich ein Widerwille und in der Dämmerung sogar Furcht regt. Es sind die undurchdringlichen sumpfigen Niederungen der Schwarzen Au, von der die Einheimischen wissen, dass sie ihren dunklen Namen nicht zu Unrecht trägt.

Es ist nicht beruhigend, wenn der Blick auf eine Ansammlung niedriger Gebäude fällt, die ein hinter einer vernachlässigten Mauer verborgenes größeres Areal uneinsehbar umgeben. Man fürchtet sich dem dorthin führenden finsteren Tunnel zu trauen, aber es gibt keinen Weg ihn zu vermeiden. Einmal hindurch gekommen, kann man sich kaum dem Eindruck eines feinen bösartigen Geruchs von Verfall und Verwesung entziehen, der über dem groben Kopfsteinpflaster schwebt. Es ist immer eine Befreiung den Ort zu verlassen und sich dem gewundenen engen Weg in den umgebenden Wald anzuvertrauen.

Später erfährt man dann zuweilen das man gerade Friedrichsruh verlassen hat.


Friedrichsruh,Raum-Zeit-Riss über der Au

Raum-Zeit-Riss über der Schwarzen Au
Mischtechnik, 40x75cm, 2015

Altar fremder Götter

Altar fremder Götter, Mischtechnik, 40x40cm, 2015

Friedrichsruh, Der Tunnel zur Krim und weiter

Der Tunnel zur Krim und weiter, Mischtechnik, 40x40cm, 2015

projekt bahnhof aumühle

Der Bahnhof Aumühle ist heute Endstation der Hamburger S-Bahnlinie S21. Im Jahr 1884 erbaut liegt er an der prähistorischen kaiserlichen Eisenbahnverbindung zwischen Ber­lin und Hamburg und diente zur Anbindung der vom Architekten Emil Specht um 1900 betrie­benen Villenkolonie Sachsenwald-Hofriede an die Stadt Hamburg. In den Nachwehen des Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD wurde die Bahnstrecke Hamburg-Berlin in den 1990ger Jahren elektrifiziert. Damit verbunden war der Abriss der zu niedrigen Straßen­brücke am Bahnhof und die zeitweilige Einstellung des elektrischen S-Bahnbetriebs. Die Deutsche Bahn hätte das Bahnhofgebäude gern entsorgt und durch den üblichen (teil-)überdachten Fahrkartenautomaten ersetzt, aber da grätschte der Denkmalschutz dazwischen. Also schwebte die Bahnhofshalle mehrere Jahren wie auf Stelzen für menschliche Wesen fast unerreichbar über dem mittels einer Behelfsbrücke erreichbaren Bahnsteig.

Die Bauarbeiten führten nicht nur zu erheblichen Störungen der Beförderungsmaßnah­men, sondern auch zu einer gravierenden Verletzung des im Sachsenwaldbereich schon immer sehr fragilen Raumzeitgefüges. Die Raumzeit wurde überkrümmt, zerknittert, gefal­tet und riss kurzfristig an etlichen Ereignispunkten. Die meisten dieser Löcher schlossen sich rasch wieder, aber neue taten sich dafür an anderen Horizonten auf.

Die instabile Situation der lokalen Raumzeit machten sich unternehmungslustige Bewoh­ner angrenzender Universen zunutze, um aus Neugier oder schierem Übermut die Bahn­hofshalle zu erkunden. So drangen aus einem benachbarten theologischen Monoversum mehrere Bahnhofsengel ein. Dies rief sofort die Mitbewerber aus der lokalen Nebenhölle auf den Plan. Die aus Hamburg mühsam herbeigeschafften Mitarbeiter der Bahnhofsmissi­on mussten wegen jahrelanger Vernachlässigung der praktischen Ausübung von Teufels­austreibung und Exorzismus das Feld räumen, zumal ihnen seitens der Bahn das Betreten der Baustelle verwehrt wurde.

Dem in Deutschland immer unterschwellig vorhandenen wilhelminischen Paralleluniver­sum entstiegen Phantome aus den erotischen Träumen der gründerzeitlichen Erbauer des Bahnhofs und verstörten etliche Fahrgäste.

Das massive Aufkommen betriebsfremder Personen und anderer Wesen legte sich erst wieder nach Fertigstellung der Elektrifizierung und der Wiederaufnahme des fahrplanmäßigen S-Bahnbetriebs.

Aumühler Bahnhof 1996

Der Aumühler Bahnhof, Triptychon 1

Der Bahnhof in Aumühle 1, Triptychon in Mischtechnik, 84x119cm, 2002

Der Aumühler Bahnhof, Triptychon 2

Der Bahnhof in Aumühle 2, Triptychon in Mischtechnik, 84x119cm, 2011

Der Aumühler Bahnhof, Triptychon 3

Der Bahnhof in Aumühle 3, Triptychon in Mischtechnik, 84x119cm, in Arbeit

hector berlioz: symphonie fantastique

symphonie fantastique reveries-passions

symphonie fantastique
reveries-passions
mischtechnik,57x76cm,2015

symphonie fantastique un bal

symphonie fantastique
un bal
mischtechnik,57x76cm,2015

symphonie fantastique scene aux champs

symphonie fantastique
scene aux champs
mischtechnik,57x76cm,2015

symphonie fantastique marche au supplice

symphonie fantastique
marche au supplice
mischtechnik,57x76cm,2015

symphonie fantastique songe d´une nuit du sabbat

symphonie fantastique
songe d´une nuit du sabbat
mischtechnik,57x76cm,2015

über bergedorf

mischtechnik, 56x150cm

Der Himmel über Bergedorf, 24.04.2020

Stand 24.04.2020

Der Himmel über Bergedorf, 29.04.2020

Stand 29.04.2020

Der Himmel über Bergedorf, 04.05.2020

Stand 04.05.2020

Der Himmel über Bergedorf, 27.05.2020

Stand 27.05.2020

Der Himmel über Bergedorf, 09.09.2020

Stand 09.09.2020

Stand 18.12.2020

project starbridge cronicles

There is a fresco in the prince’s library where it is all set out: the Sun painted on the black background of deep space, while around it spins the wheel of Earth’s majestic orbit. And the rim of the wheel is made of numbers, tiny calculations of painted gold, for in those days the length of the year was a matter of dogma. Knowing it to be a lie, the bishop’s astronomers had put the figure down as eighty thousand days precisely. They were in love with a vision of celestial harmony: four seasons of twenty thousand days, twenty phases of a thousand days each, ten months of a hundred days, ten weeks of ten, twenty hours of a hundred minutes each. The artist has painted a portrait of the bishop, enthroned within the circle of the Earth. In her hand she holds a silver sword. It is composed of numbers, the magical equation 1 x 10 x 10 x 10 x 20 x 4 = 1. Under her feet writhe demons and heretics, arbitrary and conflicting figures issuing from their mouths. Closer in around the Sun and farther out in space, the nine planets of hell pursue their separate ways - tight, fiery circles and long, cold ellipses. Each is decorated with scenes of souls in torment. Men freeze in icy prisons or burn like torches; they burst apart or weigh a thousand pounds, depending on the differing effects of temperature and atmosphere. And beneath each planet the artist has depicted the kinds of criminals who inhabit it. Under Baqui Minor, for example, he has painted a seascape, a storm raging on a sea of liquid helium. Almost overwhelmed by the waves, a raft breaks through a cloud of spray. Clutched to the deck, miserable men and women huddle together for warmth, a murderer, a tailor, a paralytic, a smuggler, a homosexual, a man with yellow hair. Each carries, cut into his forehead or the muscle of his upper arm, the symbol of his vice. In temporary orbit around Mega Prime moves Paradise, the source of life, a captive planet among the terrors of the solar system. Its towers and lakes and shining palaces are painted with a kind of wistful brilliance, and its complicated path among the planets is traced with ribbons of gold. Smallest of all the planets, it is also the greatest, painted as if lit from within, surrounded by halos of luminescence which spread out into darkest space. Angels and demons cavort in its upper atmosphere, and on the topmost tower of the brightest palace sits Angkhdt, dog-headed prophet of God, enthroned on a dais, surrounded by companies of the blessed, his mouth contorted in a doglike scowl. He has opened his hand and released a bird into the air, a falcon bearing a lantern in its claws, setting its wings over the wide abyss towards Earth. The falcon flies over a recumbent figure, a sleeping giant painted on an empty section of the wall. The bones of his forehead have been stripped away, and within the caverns of his brain sit convocations of God’s priests, holding the synapses of his system in their ancient, spotted hands. The giant is symbolic of the body of the state. Along his shoulders sit regiments of Starbridges - judges, princes, generals, financiers, all in gorgeous uniforms. Lower down, craftsmen and artisans crouch among the giant’s hands, the pennants of their guilds sprouting from his fingers. Along the passages of his entrails slog tradesmen and merchants in shitcolored robes, dragging enormous packages on sledges. Soldiers camp upon his thighs. And on his legs and feet squat crowds of men and women dressed in yellow rags, working people, slaves. Yet even these are not the lowest. For the giant has relieved himself before going to sleep. A pile of excrement smokes near his feet, and in it squirm heretics and atheists painted in the shape of maggots - antinomials, adventists, cannibals, carnivores, and a dozen others, the marks of their heresies branded on their backs. In the days when the fresco was first painted, men believed in miracles. When Paradise was in rotation close to Earth, people could see with the naked eye what looked like sparks and streamers falling out from its bright surface into space. They believed there was a spark of divinity burning in the hearts of men. They believed that from his companies of angels God had exiled some for punishment on Earth. And when a child was born in those days, a priest would come to cast its horoscope and pattern its tattoos. He would listen to its crying. For then, in the language of the newborn, the fallen angel in the heart of every child would describe the sins that had pulled it down, given it flesh and blood, molded its young bones. And some babies were arrested right away and beaten or condemned to prison. Others, less perverse, were permitted to learn trades. But most were condemned in their cradles to lifetimes of labor. For God marked the most sinful with certain signs. They were born into poor families, or their limbs were crooked, or their eyes were green. The fresco’s border is decorated with scenes from the life of the Beloved Angkhdt, painted in exquisite detail. In those days every citizen of Charn could recite the story of how the prophet left his wife and family to set out on his journey through the stars. He divided his goods among his friends: to Cosro Starbridge, his gun. To Nestrim Starbridge, his money and his books. To Bartek Starbridge, his livestock and his plow. In this way he divided all the earth. And at the time the fresco was first painted, in the early phases of spring, 00016, in the city of Charn, the descendants of these men held sovereign power. They were the priests and the administrators. They owned every bird and every stone, for their power was in trust from God. They were the wardens of the prison world.

Paul Park: Sugar Rain, from the Starbridges Cronicles

Paul Park: Sugar Rain

The Fresco in the Prince's Library, Mischtechnik auf schwarzem Aquarellkarton, 75x105cm, 2022

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